"Beide Vereine sind gesund – es geht darum, sie zu stärken"

TG-Vorsitzender Wolf-Günter Janko (l.) und ATB-Vorsitzender Michael Schuster im Gespräch mit „MM“-Redakteurin Anja Görlitz. ©Marcus Schwetasch

Datum: 28.09.2020
bis: 28.09.2020
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Mannheimer Morgen: 28. September 2020 l Autor: Anja Görlitz (agö)

Wenn die Mitglieder von Turngemeinde (TG) und Arbeiter-Turnerbund (ATB) Heddesheim am 9. Oktober nacheinander zu ihren jeweiligen Mitgliederversammlungen zusammenkommen, könnten sie eine historische Weichenstellung vornehmen: Zur Abstimmung steht ein Antrag der Vorstände, eine Fusion der beiden traditionsreichen Mehrsparten-Sportvereine in die Wege zu leiten. Die Vorsitzenden Wolf-Günter Janko (TG) und Michael Schuster (ATB) erklären im „MM“-Gespräch, warum sie das für sinnvoll halten.

  • Herr Janko, Herr Schuster: Warum soll aus zwei großen Vereinen einer werden? Ist die Not so groß?

Wolf-Günter Janko: Überhaupt nicht. Beide Vereine sind im Kern absolut gesund. Es geht darum, sie zu stärken. Natürlich sichern wir damit indirekt auch, dass wir nicht in fünf oder in zehn Jahren doch vom Überleben reden müssen. 

  • Was heißt „stärken“ konkret?

Michael Schuster: Zusammen können wir das Ziel, unser Angebot zu erweitern, Abteilungen zu vergrößern und Mitglieder zu gewinnen viel besser verfolgen, indem wir unsere räumlichen und personellen Kapazitäten besser nutzen. Momentan stoßen wir da an Grenzen.

  • Im Bereich Handball arbeiten beide Vereine bereits zusammen.

Schuster: Die Kooperation der Handball-Abteilungen war vor 27 Jahren unsere erste, und sie ist sehr erfolgreich. Inzwischen arbeiten wir aber auch im Bereich Aerobic zusammen. Das ergab sich während des Neubaus der Schulturnhalle, als vorübergehend eine Trainingsstätte fehlte. Bei der Wassergymnastik war es ähnlich: Im ATB-Kurs gab es freie Plätze, bei der TG eine Warteliste.

Janko: Hallenzeiten sind eben begrenzt, und Übungsleiter gibt es auch nicht in beliebiger Anzahl. Hinzu kommt: Es wird immer schwieriger, Ehrenamtliche für Vorstandsposten zu finden. Das alles hat die Überlegungen vorangebracht.

  • Das - und die Interessengemeinschaft Sport Heddesheim?

Janko: Über die IGSH sind wir zusammengerückt und haben uns besser kennengelernt. Das hat definitiv den Weg geebnet.

  • Rechnen Sie mit Widerstand der Mitglieder?

Janko: Wir rechnen mit inhaltlichen Fragen, die wir aber sicherlich alle beantworten können. Mit Widerstand aus emotionalen Gründen rechnen wir nicht.

  • Auch nicht bei den Älteren, die ihrem Verein stark verbunden sind?

Janko: Gerade die sind oder waren ja oftmals ehrenamtlich eingebunden. Sie wissen um die Veränderungen in der Gesellschaft und die Anforderungen. Das Thema Fusion kam übrigens erstmals bei einem Treffen von TG-Ehrenmitgliedern auf.

Schuster: Ich kann auch aus direkten Rückmeldungen als Abteilungsleiter Kegeln so viel sagen: Die Mitglieder sehen das positiv.

  • Die TG ist dreimal so groß wie der ATB. Frisst der Große den Kleinen?

Schuster: Das sehe ich nicht so. Selbst in den Abteilungen Gymnastik oder Turnen, wo wir ähnliche Angebote machen, profitieren ja beide Seiten, wenn wir uns noch professioneller aufstellen können.

Janko: Davon abgesehen stehen wir nicht in Konkurrenz. Kegeln, Karate, Modern Arnis, Volleyball: Das sind alles vereinsexklusive Gruppen, die tun sich gegenseitig nicht weh. Da frisst keiner den anderen.

  • Fünf Arbeitsgruppen beackern das Fusionsthema bereits. Wollen Sie nicht erst die Mitglieder fragen?

Janko: Das tun wir doch. Die Arbeitsgruppen sollten eine gute Basis für die Hauptversammlungen erarbeiten, die ja für das Frühjahr vorgesehen waren. Dann kam Corona. Statt die Hände in den Schoß zu legen, haben wir eben weitergearbeitet und sind dadurch jetzt natürlich noch etwas weiter. Aber vieles von dem, was erarbeitet wurde, hätte jeder Verein für sich sowieso mal angehen müssen - etwa Überlegungen, wie man sich zeitgemäß in den sozialen Medien präsentiert. Das geht nicht verloren, wenn die Mitglieder gegen eine Fusion stimmen, womit ich aber nicht rechne.

Schuster: Warum auch? Die Beiträge beider Vereine sind fast deckungsgleich und sollen stabil bleiben. Unterm Strich würde nach einer Fusion niemand mehr bezahlen als bisher.

  • Wie soll der neue Verein heißen?

Janko: Da gibt es - unaufgefordert - schon viele Vorschläge der Mitglieder, teils mit interessanten Begründungen. Es wird wahrscheinlich ein sportbezogener, aber sportarten-neutraler Name. Und Heddesheim soll natürlich darin vorkommen. Wenn es soweit ist, würden wir gern die Mitglieder abstimmen lassen. Danach könnte es einen Wettbewerb für ein neues Logo geben.

  • Aber die Handball-Löwen werden kaum umfirmieren, oder?

Janko: Natürlich nicht. Es ist sehr wichtig, dass gerade die stark öffentlich präsenten Abteilungen ihre eigene Identität behalten und auch möglichst selbstständig agieren können. Neben den Handballern gilt das beispielsweise auch für die Schwimmer oder beim ATB für die Kegler: Das sind eigene Marken unter einem gemeinsamen Dach.

  • Ein Verein braucht nur noch einen Vorsitzenden. Einer von Ihnen?

Schuster: Das entscheiden nicht wir, sondern die Mitglieder.

Janko: Wir schlagen vor, dass es für eine Übergangszeit einen geschäftsführenden Vorstand mit vier Mitgliedern gibt, zwei aus jedem Verein.

  • Wie sähe der weitere Zeitplan aus, wenn die Mitglieder zustimmen?

Schuster: Ziel wäre, im ersten Halbjahr 2021 alle Formalitäten erledigt zu haben, um als neuer Verein auftreten zu können. Dazu gehören die abschließenden Mitgliederversammlungen beider Vereine und danach eine gemeinsame, in der die neue Satzung beschlossen wird.

  • Was passiert mit den beiden Vereinsgaststätten?

Schuster: Die laufen gut und sollen gerne mit den bestehenden Pächtern und unter ihren Traditionsnamen weiter betrieben werden. Es ist nicht vorgesehen, Gebäude zu verkaufen. Die Kegelbahn beim ATB erwirtschaftet ja auch Einnahmen.

Janko: Und bei den Gymnastikräumen sind wir ja gerade froh, wenn wir sie doppelt haben und nicht Hallenzeiten belegen, die dann anderen Sportarten fehlen.

© Mannheimer Morgen, Montag, 28.09.2020

Der Artikel im Mannheimer Morgen (morgenweb)

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Anja Görlitz zu den Fusionsplänen von TG und ATB

 

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